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Vorstoss

2023/197 – Interpellation Koch

Staumauer Bellenweiher – droht dem bedeutenden Kulturerbe trotz hohem Schutzstatus die unwiderrufliche Zerstörung

1862 erteilte der Regierungsrat des Kantons Luzern dem Fabrikanten August Bell die Konzession zur Ableitung von Wasser des Houlbaches vom Rappentobel zu den Fabrikgebäuden in Kriens
sowie zum Einbau der nötigen Wasserfassungseinrichtungen im genannten Fliessgewässer. Nach der Konzessionserteilung im Jahre 1862 liess August Bell den Rappentobelweiher mit dem
Staudamm erstellen. Die Staumauer führt in einem Bogen (Bogenstaumauer) von der einen Uferseite des Houelbaches zur anderen. Eine Druckleitung aus Gussröhren leitete das Wasser zu
den Fabrikanlagen der Firma Bell, wo in einer Versuchsanlage der Maschinenfabrik Bell Turbinen erprobt wurden. Mitte der 1960er Jahre wurde die Wasserkraftanlage der Fima Bell stillgelegt. Aus Naturschutzgründen übernahm die Stadt Kriens anfangs der 80er Jahre Rechte und Unterhaltspflichten am Rappentobelweiher.

Im April 2007 schrieb der damalige Gemeinderat in der Beantwortung zur Interpellation Koch «Ist die Staumauer noch sicher oder droht der Siedlung unterhalb des 144jährigen Staudamms eine
Schlammlawine? Nr. 139/2006» u.a., dass zusammen mit der kantonalen Denkmalpflege geprüft wird, wie ein Erhalt des Bauwerkes unter denkmalschützerischen, naturschützerischen und
ökonomischen Aspekten möglich sei. Die Kantonale Denkmalpflege stelle in diesem Fall eine finanzielle Beteiligung in Aussicht.

Das aktuelle Bauinventar der kantonalen Denkmalpflege ist seit Dezember 2016 in Kraft. In dieses Inventar hat es neu auch die beschriebene Staumauer geschafft. Eine These ist, dass der
prominente Zuwachs bei früher erstellten Inventaren der Stadt Kriens schlicht vergessen ging. Die Denkmalpflege schrieb in der damaligen Stellungnahme u.a., dass die elegante Talsperre für ihre Zeit eine bemerkenswerte und eindrückliche Ingenieurleistung darstelle, die für den Kanton Luzern als einmalig bezeichnet werden dürfe. Gebaut wurde die Mauer mit Sandsteinquadern aus dem Renggloch (siehe Anhang). Aufgrund dieser Beschreibung erstaunt es wenig, dass das Objekt in den hohen Schutzstatus «schützenswert» überführt wurde. In Kriens gibt es übrigens
unterdurchschnittlich wenige Bauten, die schützens- oder erhaltenswert sind.

Kantonal liegt der Durchschnitt bei 5,8 Prozent, in Kriens sind es 4,6 Prozent. 274 Objekte sind im kantonalen Inventar aufgeführt. Insgesamt enthält das neue kantonale Bauinventar rund 40
Objekte weniger, als jenes der Stadt, das mit dem neuen Inventar abgelöst wurde. Dies unterstreicht die grosse Bedeutung der Talsperre für Kriens als bedeutendes Kulturerbe.
Aufgrund eines Hochwasserereignisses im Sommer 2014 kam es an verschiedenen Krienser Fliessgewässern zu kritischen Situationen. Auch der Bellenweiher füllte sich mit Geschiebe und
das Wasser überströmte die Talsperre. Es traten kleiner Schäden an den Wiederlagerbereichen auf. Die Staumauer erfüllt aber eine Schutzfunktion als Geschieberückhalt, wie beim oben
genannten Ereignis festgestellt werden konnte.

Die Holinger AG wurde am 21.10.2014 von der Stadt Kriens mit der Entscheidungsfindung bezüglich Erhalt oder Rückbau der Stauanlage Bellenweiher, aufgrund des oben genannten
Ereignisses, beauftragt. Nach Abschluss der ersten Projektphase wurde festgestellt, dass für eine abschliessende Variantenbeurteilung die geplanten Hochwasserschutzmassnahmen im Unterlauf
des Houelbachs genauer definiert werden müssen. Am 17. September 2015 beauftragte die Stadt Kriens die Holinger AG, im Rahmen einer Vorstudie den Hochwasserschutz am Houelbach im
Abschnitt vom Bellenweiher bis zum Zusammenfluss mit dem Haslibach, genauer zu untersuchen. Es wurden verschiedene Massnahmenvarianten geprüft. Der Variantenvergleich wurde in
Anlehnung an das vom vif vorgeschlagene Vorgehen anhand der Bewertungskriterien Hochwasserschutz, Natur und Landschaft und Sozio-Ökonomie durchgeführt. Am 21. März 2018
war der 54-seitige technische Bericht der Firma Holinger AG verfasst. Unter Fazit und Empfehlung schlagen die Experten eine Umnutzung der Staumauer vor, diese aber zu erhalten. Das heisst die Mauer bleibt bestehen, hat aber keine Funktion mehr als Staumauer. Im Anhang finden Sie die Stellungnahme des vif zur Variantenempfehlung. Die Empfehlung der Experten wird voll und ganz unterstützt.

Von den Gesamtkosten gemäss neuem Wasserbaugesetz in der Höhe von ca. CHF 4.25 Mio. entfallen dabei ca. CHF 1.5 Mio. auf die Stadt Kriens, die restlichen ca. CHF 2.75 Mio. werden von
Bund und Kanton übernommen. Auch die anderen Varianten hätten total über CHF 4 Mio. gekostet.

Im Aufgaben- und Finanzplan (AFP) der Stadt Kriens 2023 – 2027 mit Budget 2023 sind in den Jahren 2023 – 2024 ca. 1.4 Mio. für die Sanierung der Staumauer budgetiert.
Irritiert stellen wir nun fest, dass der zuständige Stadtrat bei verschiedenen Gelegenheiten erklärt, dass der Rückbau der Talsperre nach wie vor eine Option sei. Er erklärt dies u.a. mit
Sicherheitsfragen und Unterhaltskosten, obwohl die Sicherheit der Staumauer gemäss Experten grundsätzlich gegeben ist. Jedes Hochwasserschutzprojekt zieht Unterhaltskosten mit sich.

Es ist unserer Meinung nach nicht nachvollziehbar, wenn eine Kulturobjekt dieser Grössenordnung geopfert werden soll, wenn der Rückbau mindestens gleich teuer ist, wie dessen Erhalt. Für uns als kostenbewusste, bürgerliche Partei ergibt dies keinen Sinn.

In diesem Zusammenhang bitten wir den Stadtrat um Beantwortung der folgenden Fragen:

  1.  Die Denkmalpflege des Kantons Luzern geniesst einen guten Ruf. Mit bescheidenen finanziellen Mitteln wird sehr effizient gearbeitet. Nicht die Anzahl der Objekte hat für sie die oberste Priorität. Vielmehr sollen besonders wertvolle Bauten im Inventar Platz finden. Im aktuellen Bauinventar des Kantons Luzern ist seit Dezember 2016 die Staumauer im Rappentobel neu aufgeführt. Was hat die kantonale Denkmalpflege genau dazu bewogen, trotz Streichung zahlreicher anderer Objekte, diese Talsperre gleich in den Status «schützenswert» zu überführen? Wie lautet dazu die genau Begründung?
  2. Die Staumauer wurde erst vor 7 Jahren und nach dem Schadenereignis vom Sommer 2014 in das kantonale Bauinventar aufgenommen. Wären die Behörden nicht unglaubwürdig, wenn wenige Jahre nach der Aufnahme ins Inventar dessen unwiderrufliche Zerstörung beschlossen würde?
  3. Der zuständige Stadtrat hat in den letzten Jahren mehrfach moniert, dass die Aspekte der Sicherheit sowie die Unterhaltskosten beim Entscheid Sanierung versus Rückbau eine wichtige Rolle spielen. Die Staumauer ist nachweislich grundsätzlich sicher. In den vergangenen Jahren wurde die Staumauer regelmässig auf ihre Sicherheit untersucht. In der Beantwortung zur Interpellation Koch aus dem Jahr 2007 schreibt der Stadtrat, dass die Staumauer in einem erstaunlich guten Zustand sei und keine schwerwiegenden Mängel aufweise. Mit verschiedenen Sofortmassnahmen wurde die Talsperre nach dem Unwetterereignis im Sommer 2014 zusätzlich gesichert. Mit der von den Experten favorisierten Variante hat die Mauer keine Funktion mehr als Staumauer. Bedenken bezüglich Sicherheit sind mit der angedachten Sanierung unbegründet. Für den baulichen Unterhalt von Gewässern ist die Stadt Kriens zuständig. In den vergangenen Jahren wurden viele Hochwasserschutzbauten in der Stadt Kriens erstellt. Augenfällig sind z.B. die vielen Geschieberückhaltebecken entlang des Schloss- und Schlimbaches. Jede neu erstellte Hochwasserschutzbaute zieht zwangsläufig Unterhaltskosten mit sich.Wie hoch waren die Unterhaltsarbeiten für Hochwasserschutzbauten in der Stadt Kriens in den letzten zehn Jahren?Wie werden sich die Kosten – auch aufgrund von neu geplanten Schutzbauen – schätzungsmässig in den nächsten 10 Jahren entwickeln?Hat die von den Experten favorisierte Variante Mehrkosten für den Unterhalt zur Folge im Vergleich zur Variante Rückbau? Wenn ja, wie hoch wäre dieser jährliche Betrag? Wie viel wäre dieser Mehrbetrag pro Jahr im Verhältnis zum geschätzten Aufwand der Stadt Kriens für den Unterhalt von Hochwasserschutzanlagen in mittelfristiger Zukunft?
  4. Aus welchen Gründen tut sich der zuständige Stadtrat so schwer mit einem Erhalt der Talsperre, wenn der Abbruch derselben ungefähr gleich teuer käme? Wird die Meinung von Experten einfach ignoriert? Hochwasserschutzmassnahmen müssen so oder so umgesetzt werden, mit oder ohne Staumauer.
  5. An welchen Fliessgewässern in Kriens sind welche Hochwasserschutzprojekte geplant? Wie sehen die geplanten Kosten pro Projekt aus? Wie sieht der Kostenschlüssel aus?
  6. Wie ist der aktuelle Stand des Projekts Hochwasserschutz Houelbach? Wann wird damit begonnen?
  7. Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur (vif) bat in ihrem Mitbericht den Stadtrat von Kriens um eine Stellungnahme zum Bericht und Variantenentscheid sowie über das weitere
    Vorgehen bis Ende August 2017. Wie ist diese Stellungnahme ausgefallen? Wir bitten den Stadtrat die Antwort an das vif der Beantwortung zur Interpellation anzufügen.
  8. Die Staumauer ist mit Sicherheit auch eine Bereicherung für den Krienser Industrie- und Kulturweg. Wann wird der Posten «Bellenweiher» eingeweiht? Für die bevorstehenden Hochwasserschutzarbeiten muss zwangsläufig zumindest eine vorübergehende Zufahrt zur Talsperre erbaut werden. Dies wäre die ideale Gelegenheit einen Pfad zur Staumauer zu erstellen.
  9. U.a. aus Naturschutzgründen hat die Stadt damals den Bellenweiher übernommen. Der Weiher wurde nach dem Unwetter 2014 entleert. Das Wasser wird seitdem nicht mehr gestaut und fliesst einfach hindurch. Damit ist ein wertvolles Laichbiotop für verschiedene Amphibienarten verloren gegangen, so z.B. für die auf der roten Liste sich befindliche Erdkröte. Wäre die Stadt aus rechtlichen Gründen nicht in der Pflicht hier ein Ersatzgewässer zu schaffen? Wie sieht die Rechtslage genau aus? Wo und wann wird ein Ersatz geschaffen?

» Interpellation Nr. 197-2023 (PDF)

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